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Wasserstoffperoxid, das Allheilmittel für Zimmerpflanzen?!

Wichtig, bitte beachtet bei der Verwendung von H₂O₂ immer die Vorgaben auf der jeweiligen Verpackung!

Ich bin kein großer Freund von Pestiziden, besonders da wir in einer Etagenwohnung ohne Balkon leben, ich also nicht mal eben vor die Tür gehen und die Pflanzen einsprühen kann. Außerdem wohnen wir mit zwei neugierigen Katzen zusammen, die zwar normalerweise nicht an den Pflanzen knabbern, aber man weiß ja nie. Die Katzenhalter unter Euch kennen das, normalerweise hat bei Katzen nicht viel zu sagen. Ich gehe deshalb lieber kein Risiko ein und greife, wo möglich, auf Hausmittel zurück, die keine Gefahr für die Katzen, uns und letztlich natürlich auch die Umwelt darstellen.

Neben Kernseife, Neemöl und 70%igem medizinischem Alkohol (Isopropanol) gehört deshalb auch Wasserstoffperoxid (H₂O₂) zur Grundausstattung meines kleinen Zimmerpflanzen-Giftschranks. H₂O₂ ist, neben Isopropanol, das am häufigsten verwendete Mittel. Ich verwende es zur täglichen Pflanzenpflege, als Schädlingsbekämpfungsmittel und desinfiziere damit meine Blumentöpfe und wenn notwendig, manchmal auch Substratkomponenten.

Was ist Wasserstoffperoxid (H₂O₂)?

Einige von Euch kennen H₂O₂ sicher als Blondierungsmittel und denken sich, ich hab sie nicht alle, dass ich meine Pflanzen damit pflege und behandle. Tatsächlich handelt es bei Wasserstoffperoxid aber nur um eine schwache Säure und wie immer, kommt es selbstverständlich auch hier auf die Konzentration an. Ich verwende (soweit nicht ausdrücklich anderweitig erwähnt) ausschließlich 3%iges Wasserstoffperoxid, mit dem Ihr sogar gurgeln könnt.

Ich erspare Euch (auch weil ich selbst schon in der Schule einen großen Bogen um den Chemiekurs gemacht habe) einen langen Vortrag über die chemischen Eigenschaften von H₂O₂, nur so viel:

H₂O₂ besteht aus jeweils 2 Wasserstoff- und Sauerstoffatomen. Je reiner, also hochkonzentrierter es ist, desto instabiler wird diese Verbindung. Auch deshalb ist H₂O₂ für den Privatgebrauch nur in stark verdünnter Konzentration zugelassen.


Lagerung und Haltbarkeit von H₂O₂

Wasserstoffperoxid sollte trocken und vor Licht und Wärme geschützt, möglichst im Originalbehälter gelagert werden, da diese in der Regel mit einem Sicherheitsverschluss ausgestattet sind. Sowohl Licht, als auch Wärme und Verunreinigungen begünstigen den Zerfall von H₂O₂. Mit Phosphorsäure stabilisiertes 3%iges Wasserstoffperoxid ist 12 Monate haltbar.


Ich kaufe immer sog. "Foodgrade" Wasserstoffperoxid im 5-Liter-Kanister. So bin ich auf der sicheren Seite und kann es für die Pflanzen, als Reinigungsmittel im Haushalt und auch zur Wundreinigung, sowie als Mundspülung, bzw. zum Gurgeln verwenden. Ein 5-Liter-Kanister kostet aktuell zwischen 15 und 20€.


Angemischte Wasserstoffperoxidlösungen sollten möglichst zeitnah verwendet werden, da das H₂O₂ relativ schnell zerfällt und somit unwirksam wird. Mischt deshalb möglichst immer nur so viel an, wie Ihr in dem Moment benötigt. Wenn H₂O₂ zerfällt, entstehen Wasser und Sauerstoff. Der Sauerstoff entweicht, nachdem der Behälter, in dem die Lösung gelagert wird, geöffnet wird. Übrig bleibt Wasser.


H₂O₂ als Dünger

2 EL Wasserstoffperoxid auf einen Liter Gießwasser versorgt die Pflanze mit zusätzlichem Sauerstoff und ermöglicht so ein schnelleres Wachstum. Diese Mischung kann bei jedem Gießen (auch zusätzlich zum normalen Dünger) und auch mit einer Sprühflasche als Blattdünger ausgebracht werden. Ich lagere mein Gießwasser in 5-Liter-Kanistern für destilliertes Wasser und gebe, bevor ich meine Runde drehe, einfach einen großzügigen Schluck H₂O₂ dazu. Das bringt natürlich nur etwas, wenn das Wasser auch auch direkt aufgebraucht wird, was bei meinem durstigen Dschungel aber der Fall ist.


H₂O₂ als Substratkur

1-2x im Jahr, im Frühjahr und/oder Herbst, gönne ich den Pflanzen, die schon ein bisschen länger in ihrem Substrat wohnen, aber noch nicht bereit zum Umtopfen sind, eine Substratspülung mit H₂O₂ im Mischungsverhältnis 1:3 um das Substrat aufzulockern, mit Sauerstoff zu versorgen und auch um evtl. vorhandener Wurzelfäule vorzubeugen.
Das H₂O₂ zerfällt beim Gießen in Wasser und Sauerstoff, wodurch das Substrat anfängt wie die Totensümpfe von Mittelerde zu brodeln. H₂O₂ wirkt in diesem Fall wie ein Überraschungsei, es versorgt das Substrat mit Sauerstoff und lockert es auf, es zersetzt faulige Wurzeln und es düngt auch noch. 3 Sachen auf einmal, mit H₂O₂ geht das!


H₂O₂ als Schädlingsbekämpfungsmittel

Schon in der oben beschriebenen Konzentration von 2 EL 3%igem H₂O₂ auf einen Liter Gießwasser wirkt es prophylaktisch einem Schädlingsbefall vor, da sich diese nur ungern in einem sauren Milieu ansiedeln. Es kann bei einem akuten Befall aber auch deutlich höher dosiert werden:


  • Sprühlösung 2 EL auf einen Liter Wasser wirken nicht nur, wie oben bereits beschrieben, als Blattdünger, sondern bekämpfen auch Pilzerkrankungen wie Mehltau, Grauschimmel, usw.
  • Substratspülung H₂O₂ und H₂O im Verhältnis 1:2 tötet Trauermückenlarven, Wurzelläuse und andere Schädlinge ab. Außerdem wirkt es gegen Wurzelfäule und Schimmel. Das Substrat sollte wie bei der Substratkur durchdringend gegossen werden. Anschließend muss das überschüssige Wasser natürlich gründlich abtropfen.
    Nützlinge, wie beispielsweise Springschwänze werden ebenso wie die Schädlinge abgetötet. Ich hab aber die Erfahrung gemacht, dass sie sich erstaunlich schnell wieder einfinden (die Schädlinge glücklicherweise nicht). Schon ein paar Wochen später finde ich in den Untertellern in der Regel Springschwänze, die dort fleißig umherwuseln und machen, was Springschwänze halt so machen.
  • Wurzelbad Ist es einmal passiert und das Wurzelsystem einer Pflanze so stark angegriffen, bzw. der Schädlingsbefall so ausgeufert, dass schnell gehandelt werden muss, ist ein Wurzelbad ein sehr effektives Mittel. Hierfür wird der Wurzelballen sehr vorsichtig von der Erde entfernt und mit einer desinfizierten Schere (am besten mit Isopropanol) die fauligen Wurzeln so gut es geht gestutzt. Anschließend taucht man den Wurzelballen für bis zu 12 Stunden in einer Lösung aus H₂O₂ und Wasser im Verhältnis 1:8. Dann wird die Pflanze wieder eingepflanzt. 

Sowohl bei der Substratspülung, als auch beim Wurzelbad drauf achten, dass die Blätter keinen Kontakt mit der H₂O₂-Lösung haben. Es kann sonst, gerade bei empfindlichen Blättern, zu Laubschäden kommen.


H₂O₂ als Desinfektion von Schnittflächen bei Stecklingen

Um zu vermeiden, dass die Schnittflächen von Stecklingen faulen, kann man sie ebenfalls in einer Wasserstoffperoxidlösung baden. Hierfür wird wie beim Wurzelbad ebenfalls eine Mischung im Verhältnis 1:8 angesetzt und der Steckling für 5 Minuten reingestellt. Anschließend im Medium der Wahl wurzeln lassen.


H₂O₂ als Keimhilfe

Samen brauchen Licht, Wasser und Sauerstoff um zu keimen. H₂O₂ lockert die Oberfläche der Samen auf, so dass der Sauerstoff besser zu den Keimen gelangt. Besonders bei hartschaligen Samen kann das einen großen Unterschied ausmachen.

Die Samen werden in einer verdünnten Lösung (50 ml H₂O₂ auf 450 ml Wasser) für 18-24 Stunden eingeweicht und anschließend normal eingepflanzt.


H₂O₂ als Desinfektionsmittel für Geräte

Da Wasserstoffperoxid mit Metall reagiert, verwende ich lieber Alkohol zur Desinfektion (auch der reagiert mit Metallen, aber deutlich langsamer). Grundsätzlich könnt Ihr aber auch unverdünntes 3%iges H₂O₂ zur Gerätedesinfektion verwenden.


H₂O₂ als Reinigungsmittel für Terrakottatöpfe

Wer ebenfalls seine Pflanzen in Terrakottatöpfen hält, wird vielleicht schon einmal (besonders im Winter) Schimmel gefunden haben. Mit unverdünntem, 3%igem Wasserstoffperoxid besprüht, wird der sofort zersetzt. Ich besprühe die betroffenen Töpfe von allen Seiten, lasse das eine Weile einwirken und wische den Topf mit einem Papiertuch ab. 


H₂O₂ als Unkrautvernichtungsmittel

Um ungebetene Wildkräuter im Garten zu vernichten, ist 10%iges H₂O₂ notwendig. Unverdünnt mit einem kleinen Schuss Spülmittel ist es ein sehr wirksames Unkrautvernichtungsmittel, das im Gegensatz zu Pestiziden nicht umweltschädlich ist.


Aufgrund der höheren Konzentration ist bei der Verwendung von 10%igem H₂O₂ natürlich eine größere Vorsicht geboten. 


Entsorgung von H₂O₂

Haushaltsübliche Mengen 3%iges Wasserstoffperoxid können im Abfluss oder der Toilette entsorgt werden. Kleinere Mengen mit einer höheren Konzentration als 3% müssen vor dem Entsorgen mit Wasser verdünnt werden und können dann ebenfalls problemlos wie oben beschrieben entsorgt werden.
Handelt es sich um größere Mengen H₂O₂ mit einer höheren Konzentration, sollten diese bei einer Schadstoffsammelstelle abgegeben werden.


Erste Hilfe

3%iges Wasserstoffperoxid ist eine sehr schwache Säure, trotzdem kann es bei Kontakt zu Haut- und Augenreizungen kommen. In den meisten Fällen lassen sich Reizungen und leichte Verätzungen durch Wasserstoffperoxid einfach behandeln, indem man den betreffenden Bereich gründlich mit kaltem Wasser abspült. 


Bei höher konzentriertem H₂O₂ gelten folgende Erste-Hilfe-Maßnahmen:


  • Nach Augenkontakt Mindestens 15 Minuten bei geöffnetem Lidspalt unter fließendem kaltem Wasser ausspülen und anschließend einen Augenarzt aufsuchen.
  • Nach Hautkontakt Mit reichlich kaltem Wasser abwaschen.
  • Nach Einatmen Betroffenen an die frische Luft bringen, ggf. einen Arzt aufsuchen. 
  • Nach Verschlucken Reichlich Wasser oder Milch in kleinen Schlucken trinken lassen. Erbrechen vermeiden, auf jeden Fall einen Arzt aufsuchen.

Hoya Hoya Ho,
Steph

10 Kommentare

  1. Interessanter Artikel. Behandeln mit H2O2 kannte ich schon, giessen war mir neu. Werd ich dann auch mal testen.

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    1. Freut mich sehr, dass Dir der Beitrag gefallen hat! Berichte gerne später mal, wie Deine Erfahrungen mit Wasserstoffperoxid sind.

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  2. Gleich mal abgespeichert. Finde ich mega interessant. Charly

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  3. Hey 😊

    Kann man das h2o2 auch mit Dünger gemeinsam im Gießwasser mischen?
    Also gerade bei der Variante wo man bei jedem Gießen ein bisschen wasserstoffperoxid im Wasser hat?

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    1. Ja, das kannste problemlos machen - mach ich auch so. Ich hab bei jedem Gießen das Wasserstoffperoxid im Wasser und dann eben aktuell jedes 2. Mal den Dünger zusätzlich.

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  4. Hallo, ich bewässere meine Pflanzen von unten, also ich stelle sie für ca 20 min in eine Schale. Kann ich da dann auch Wasserstoffperoxid benutzen?

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  5. Sehr lehrreich dieser Beitrag, danke

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  6. Hallo!
    Bei mir machen sich gerade Trauermücken bei meinen Keimlingen breit.
    Vertragen die zarten Pflänzchen auch WPO bitte?

    Vielen Dank!
    Ellen Kähny

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  7. Wie lange hält die Wirkung von H²O² an? (Insbesondre bezüglich der Sauerstoffabgabe an die Pflanzenwurzeln.) Regelmäßige Anwendung schädlich; bzw. wenn man das Pflanzensubstrat nach mehrmaliger Anwendung nicht ausspült. *(z.B. Übersäuerung nach längerer Anwendungszeit) Insbesondre bei Hydrokultur oder Stecklingen im Wasser.

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    1. Moin Bernd,

      H₂O₂ gibt keinen Sauerstoff ab, sondern lockert das Substrat auf und belüftet es dadurch. Sobald wieder normal gegossen wird, verdichtet das Substrat nach und nach wieder.

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Wenn Ihr Fragen, Hinweise oder Tipps habt, freue ich mich sehr über einen Kommentar!